"Geben Sie mir gute Gründe, wieder ins Büro zu kommen!"

Mai 2022

Die Zeit nach dem Covid mischt die Karten im Bereich der Gewerbeimmobilien neu: weniger oder neu gestaltete Flächen, zersplitterte Arbeitsorte, Verlagerung in zentralere Viertel. In einer Zeit, in der die Mitarbeiter nur ungern ins Büro zurückkehren, müssen die Unternehmen auch über den Mehrwert der Präsenz vor Ort nachdenken. Denn ein schönes, gut eingerichtetes und gut gelegenes Büro wird nicht das einzige Heilmittel gegen die "große Kündigung" sein können.

Tribune von Jean-François Couëc, Präsident der Kardham-Gruppe, veröffentlicht in Entreprendre.

Starkes Comeback der zentralen Lagen

Wenn die Gesundheitskrise zu einer Neudefinition der Immobilienstrategien geführt hat, so erfordert sie auch neue Möglichkeiten auf der Personalseite. Mit der Beschleunigung des hybriden Arbeitens und der Reduzierung der Flächen ist davon auszugehen, dass die Unternehmen nach und nach die städtische Peripherie zugunsten von zentraleren Gebieten verlassen werden. Diese Verlagerung kann auch ein echter Attraktivitätshebel sein, insbesondere für junge Talente: Bei konstanten Immobilienkosten bietet die Lage im Herzen der Stadt in den Augen der Arbeitnehmer, die in einem sicheren und lebendigen Umfeld arbeiten und in ihrer Mittagspause das Leben in der Nachbarschaft genießen wollen, gewisse Annehmlichkeiten.

Ein weiteres wichtiges Erfordernis dieser Post-Covid-Periode: der einfache Zugang zu Verkehrsmitteln. Mit der Auflösung von Arbeitsplätzen haben sich die Arbeitnehmer auf den Weg gemacht. Wenn man also wieder vor Ort sein muss, muss alles reibungslos und schnell gehen. Dieses neue Erfordernis wird sicherlich das Interesse an gut erschlossenen Geschäftsvierteln und an der Umgebung von Bahnhöfen wieder verstärken. Andererseits wirft die Verlagerung von Büros in das Stadtzentrum die Frage nach der Zukunft und der Mietrendite von Objekten in der Peripherie auf.

 

Der Arbeitsraum, ein Mittel gegen die große Resignation?

Entgegen der Marktmeinung, wonach das Büro in seiner inneren Dimension dazu dient, Talente anzuziehen, ist es also der Standort, der nun an erster Stelle der Kriterien für die Auswahl der Bewerber zu stehen scheint. So wäre ein Büro, das einen Concierge-Service bietet, aber schlecht gelegen ist, wenig interessant. Aber reicht ein zentraler, gut erreichbarer, vernetzter, dienstleistungsorientierter Arbeitsplatz, der eine optimale User Journey bietet, aus, um Mitarbeiter zur Rückkehr ins Büro zu motivieren? Sicherlich nicht. Von nun an muss der Arbeitsplatz ihnen eine menschliche Erfahrung bieten, die attraktiv genug ist, um sie dazu zu bewegen, ihr Zuhause zu verlassen. Ein Novum in der Geschichte der Arbeit, denn vor fünfzig Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, zu seinem Arbeitgeber zu sagen: "Gib mir einen guten Grund, wieder ins Büro zu gehen"! Die "große Resignation" der heutigen Zeit stellt daher auch die Managementmethoden und die Erfahrungen der Mitarbeiter in Frage: Da man seine Aufgaben aus der Ferne erledigen kann, welchen Mehrwert kann man dem Mitarbeiter bieten, wenn er vor Ort ist? Was wird menschlich an seinem Arbeitsplatz passieren? Wie kann man die den Mitarbeitern auferlegten kollektiven Sitzungen und Einzelgespräche anders gestalten?

Der Sinn, die psychologische Dimension und die Beziehungsdynamik am Arbeitsplatz werden entscheidend sein. Das Büro wird nur dann wieder an Attraktivität gewinnen, wenn es echte Momente und Räume der Geselligkeit bietet. Es mag nicht viel erscheinen, aber in der Industriezeit war das Bistro außerhalb der Fabrik ein Bezugspunkt für alle Arbeiter. Das Büro muss Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre eigene Identität zu entwickeln, menschliche Verbindungen, Geschichten und gemeinsame Erinnerungen zu knüpfen, die das individuelle und kollektive Gedächtnis stärken. Arbeitnehmer, insbesondere junge Menschen, kehren nur dann gerne an einen Ort zurück, an dem sie existieren und an dem ihr Vorgesetzter ihnen zeigt, dass sie existieren.

 

Der Ort und die Verbindung

Über den materiellen Aspekt hinaus muss also auch die immaterielle Dimension des Büros neu überdacht werden. Die Unternehmen müssen einen Arbeitsplatz schaffen, der mehr ist als nur ein Arbeitsraum und der der Anwesenheit vor Ort wieder Wert und Bedeutung verleiht. Die gegenwärtige Zeit sollte sie dazu ermutigen, das Raummanagement zu überdenken, d.h. alle Zeiten, in denen der Mitarbeiter physisch im Unternehmen anwesend ist, neu zu überdenken. Die Wiederherstellung dieser Dynamik erfordert zwangsläufig die Einleitung eines Veränderungsprozesses in Bezug auf die Unternehmenskultur, das Management und die Raumverwaltung. Ein grundlegender Ansatz "des Ortes und der Verbindung", der Disziplinen wie Psychosoziologie oder Ethnologie vereint und alle Quellen der menschlichen Beziehungen und der Teamidentität erforscht. Letztendlich muss das Büro ein echter Ort der Ressourcen werden, an dem man nicht nur gut arbeiten kann, sondern der auch eine reiche soziale Erfahrung bietet, die dazu beiträgt, die Verbindungen einer kollektiven Geschichte zu weben.

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Nathalie Neyret

Nathalie Neyret

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