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Wie wird das Büro erneut attraktiv?
August 2022
Der Experte
Arbeitspsychologen und neue Büroformen.
Die Allgegenwart digitaler Technologien hat wesentlich zur Aufspaltung zwischen Räumen und Arbeit beigetragen: Die Arbeit tendiert heute dazu, ihre Räume und Medien zu vervielfachen, sie verändert ihre Form und ihren Inhalt. Sie ist intellektueller, immaterieller, würde mehr Zusammenarbeit erfordern und die Kreativität einer Person mobilisieren, das aktiv an der Gestaltung seines Arbeitsumfelds beteiligt ist. Die Gesundheitskrise hat diesen Bruch zwischen Raum und Aktivität nur noch beschleunigt, indem sie „hybride“ und/oder „co-modale“ Formen der Aktivität als normal in unsere Gesellschaft integrierte. Mit dem Ende der aufgezwungenen Telearbeit zeichnet sich ein Horizont ab, der nun alles andere als selbstverständlich ist: die Rückkehr ins Büro. Die Lebensbedingungen vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich verändert. Die Frage nach der Rückkehr führt schnell zur Frage nach der Nutzung oder Funktion der Arbeitsräume, die von Anfang an unter dem Gesichtspunkt des sogenannten „Behälters“ gesehen wurden, der in der Lage ist, ansonsten verstreuten Teams wieder eine physische Form zu geben.
Aus Sicht der Arbeitspsychologie – verstanden als Psychologie der Aktivität und nicht als Psychologie der Motivation am Arbeitsplatz – stellt sich bei der Gestaltung und Implementierung solcher Lösungen die grundlegende Frage, wie viel Aktivität in den Aufbau von Räumen einfließen würde? Und mehr noch: Unter welchen – sozialen, organisatorischen, interaktionellen – Bedingungen können sich die Beziehungen zwischen Raum und Aktivität als Denkgegenstand für Teams auf verschiedenen Ebenen des Unternehmens herausbilden? Jeder Versuch, eine eindeutige und endgültige Antwort auf diese Fragen zu finden, stößt unweigerlich auf die Komplexität der Wirklichkeit.
Doch während bei Immobilien- und Einrichtungsprojekten zahlreiche Beteiligte innerhalb und außerhalb der Unternehmen (Berater, Architekten, Ergonomen, Personal-, Immobilien-, Informationssystem-Leitungen usw.) einbezogen werden, werden Arbeitspsychologen nur selten hinzugezogen, zweifellos weil ihr Beitrag – ihre Gegenstände, ihre Reichweite, ihre Bedeutung – schwer wahrnehmbar und zu bestimmen zu sein scheint. Die Intervention eines Psychologen im Zusammenhang mit einem Büroeinrichtungsprojekt geschieht bestenfalls in bestehenden Rahmen, die ihm nicht selbst gehören. Unter dem Deckmantel der Bedarfsanalyse oder der Steuerung von Veränderungen nimmt sie die Gestalt einer fachkundigen Lektüre der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten oder die eines aktiven Zuhörens ihrer Aussagen an.
Denn die meisten dieser Projekte verfolgen das Ziel, die Beschäftigten in die Gestaltung mit einzubeziehen, entweder durch ein offenes Ohr, damit sie ihre Wahrnehmung einer Veränderung ausdrücken können, was Ängste und Frustration schüren kann, oder mit einer Denkweise, welche die materiellen und/oder funktionalen Eigenschaften der Räume definiert oder legitimiert. Die manchmal akzeptierte Unterscheidung zwischen Workplace (Gestaltung der Arbeitsumgebung) und Change (Durchführung von Veränderungen) deckt diese beiden in den Einrichtungsprojekten allgegenwärtigen Ausrichtungen ab. Im Allgemeinen führen beide dieser beiden Komponenten leider zu dem Einzug der Beschäftigten in ihren neuen Arbeitsbereich. Wo aber das Projekt verschwindet – der einzige vorläufige formale Rahmen, der es ermöglicht, den Raum in Verbindung mit der „Aktivität“ zu bringen – beginnt die gewöhnliche Arbeit, die eine unerschöpfliche Quelle von Rätseln und Innovationen ist.
Die Frage nach der Rückkehr ins Büro oder wie wird das Büro erneut attraktiv ist in erster Linie eine Frage nach dem Sinn, eine Frage nach der Gestaltung der Arbeit und ihrer Veränderungen. Die Normalisierung der Fernarbeit nach der Gesundheitskrise hat dazu beigetragen, dass diese Frage als solche in den Vordergrund gerückt ist. Im Grunde geht es darum, seinen Platz im symbolischen Universum des Unternehmens zu hinterfragen, seine Grenzen in Frage zu stellen und dabei die Normen, denen er unterliegt, zu überdenken.
Der Arbeitspsychologe ist eine Fachperson für den Rahmen – ein Schöpfer von Raum und Zeit bei der Gestaltung der Arbeit, ihrer Formen und Inhalte. Er wird nicht einfach mit einem Zauberstab umgehende und endgültige Lösungen schaffen, es geht ihm vielmehr darum, Gelegenheiten für Zusammenarbeit, Instanzen für einen lebendigen Dialog über die Arbeit in ihren konkreten Dimensionen zu schaffen und die Umrisse neuer Experimente zu entwerfen, in denen Aktivitäten und Räume wieder Kontinuität und einen sich ständig wandelnden Sinn erhalten.
Erscheinungsdatum : August 2022