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Das Büro von morgen? Das ist noch nicht gewonnen!
November 2021
Der Experte
Neue Arten der Büronutzung - häufig im Flex-Office - stellen die Immobilienbranche auf den Kopf und widersprechen sich in Bezug auf Themen der Umweltverträglichkeit. Diese Transformation wird komplizierter sein, als es scheint...
Tribune veröffentlicht in Les Echos.
Die durch das Covid-19 ausgelöste Verankerung der Telearbeit in Verbindung mit einer niedrigen Auslastung der Büros hat die Nachfrage nach so genannten Flex-Office-Einrichtungsarten in die Höhe schnellen lassen. Wo üblicherweise 75 % der Flächen für Einzelarbeitsplätze und 25 % für Besprechungsräume vorgesehen waren, kehrt sich der Trend des Mixes heute um, mit 50:50 oder sogar mehr für Gemeinschaftsräume.
Dies hat zur Folge, dass wir einen großen kulturellen Wandel vollziehen müssen: das Büro wieder verzaubern. Denn wenn man ins Büro geht, muss man einen guten Grund dafür haben, weil dort etwas los sein muss, weil man einen reibungslosen Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen haben möchte und weil man in Räumen der Zusammenarbeit zusammenarbeiten möchte.
Kurzum, in der Immobilienbranche geht es jetzt, wie schon zuvor anderswo, darum, die Nutzererfahrung wieder in den Mittelpunkt zu stellen, um den Kampf um die Talente zu gewinnen.
Dienstleistungsplattform
Dieser Paradigmenwechsel zieht einen weiteren nach sich, nämlich den Übergang von der Verwaltung von Beständen (Quadratmeter, Arbeitsplätze) zur Verwaltung von Strömen (Personen, Daten). Das physische Gebäude, das hybrider, kollaborativer und technologischer ist, wird nun als Plattform für Dienstleistungen (BaaS) gesehen, die die Benutzererfahrung und das sogenannte "Atawad"-Arbeiten ("Any Time, Any Where, Any Device") umfasst. Auch als Datenplattform, die man steuern können muss, auch um das Energiemanagement des Gebäudes zu optimieren.
Beispielsweise sollte der Betreiber in der Lage sein, eine geringe Auslastung seiner Büros zu bestimmten Zeiten des Jahres vorherzusehen und den Besucherstrom auf einen Teil des Gebäudes zu konzentrieren, um so Energie zu sparen. Das bedeutet also, dass man Werkzeuge einsetzen muss, um neue Nutzungen zu antizipieren und darauf zu reagieren, aber auch, dass man in einer Industrie, die heute trotz allem noch sehr siloartig ist, eine gemeinsame Sprache sprechen muss.
Neue Standards
Die veränderten Nutzungsgewohnheiten stellen auch alle gängigen Gebäudestandards in Frage: Früher war ein Unternehmen nur für seine Mitarbeiter zugänglich, heute muss es als Einrichtung konzipiert werden, die für alle Menschen offen ist.
Mitarbeiter, Partner, Kunden, Privatpersonen, die in diesen neuen, immer offeneren Austauschplattformen immer mehr Verkehr erzeugen werden. Das bedeutet unter anderem, dass die Gesetzgebung von einem Gebäude des Arbeitsgesetzbuchs zu einer ERP-Gesetzgebung (Einrichtung für den Empfang von Publikum) und damit von einer relativ einfachen Regelung in Bezug auf Produktion und Gebäudetechnik zu einer sehr viel komplexeren und zwingenderen Regelung übergehen wird.
Mehr Besprechungsräume bedeuten auch, dass die Luftaufbereitungssysteme neu dimensioniert werden müssen und somit viele neue Anforderungen an die Heizung, Lüftung und Klimatisierung gestellt werden, die wesentlich energieintensiver sind.
Darüber hinaus kann die Digitalisierung von Gebäuden durch die Vervielfachung der Ausstattungsschichten die Umweltbelastung erhöhen, obwohl das Umfeld zur Zurückhaltung drängt.
Widersprüchliche Anweisungen
Wie man sieht, ist das Büro von morgen mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert, die sich aus neuen gesellschaftlichen und regulatorischen Erwartungen und ökologischen Realitäten ergeben. Die Digitalisierung muss als Hebel gesehen werden, um die neuen Herausforderungen der Nutzung zu meistern, aber es geht darum, bei jedem Schritt das Verhältnis zwischen Nutzen und Auswirkungen zu messen. Auswirkungen auf die Nutzung, die Nutzererfahrung, aber auch auf den ökologischen Fußabdruck.
Das Büro von morgen stellt auch das historisch genormte, standardisierte Bausystem in Frage. Dies gilt zum Beispiel für das berühmte 1,35-Meter-Raster, das bislang alle Architekten der Dienstleistungsbranche in den Schlaf wiegte. Wie sinnvoll ist es, dieses Raster in einer Welt beizubehalten, in der die Bürotrennwände fallen, wenn ein Raster von 1,50 m eine bessere CO2-Bilanz bieten könnte?
Die Erwartungen an ein vernetztes Unternehmen, das mehr zusammenarbeitet und sich mehr auflöst, an Büros, die mehr Bedeutung, mehr Gemeinschaft, mehr Identität und mehr Verantwortung haben, sind zwar hoch, aber für Eigentümer, Betreiber und Nutzer wird es immer komplexer, diese Erwartungen zu erfüllen.
Erscheinungsdatum : November 2021